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Stefan Ginder zu TOP 3 Nachtragshaushalt 2021

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

eigentlich ist es keine größere Sache, wenn man einen Nachtragshaushalt aufstellen bzw. beschließen muss. Es gibt immer Unwägbarkeiten in der Ausführung des aktuellen Haushaltes, auf die man eben nicht in jedem Fall und dauerhaft mit über- oder außerplanmäßigen Ausgaben reagieren kann.

Und ein Nachtragshaushalt ist auch nicht immer der Nachweis dafür, dass bei der Aufstellung des eigentlichen Haushaltes schlecht geplant worden sein könnte.

Von daher misst man dem hier vorliegenden Nachtrag wohl auch nicht die Bedeutung bei, der er dann vielleicht doch haben sollte.

Das sieht man ja auch schon daran, dass die Redezeit für diesen Tagesordnungspunkt heute auf 5  Minuten festgelegt wurde, soviel, wie für normale Anträge der Fraktionen auch. Und auch in den Ausschussberatungen konnte man feststellen, dass nur sehr wenig Klärungsbedarf durch die Fraktionen bestand.

Insgesamt ist das dann wohl eine runde Sache, oder?

Meine Damen und Herren, für mich und meine Fraktion ist der Nachtragshaushalt in der Gesamtwürdigung keine runde Sache.

Kommen wir zunächst zu den Gründen, die zur Aufstellung des Nachtrages geführt haben. Im Wesentlichen sind hier drei Punkte zu nennen:

  1. Die Darlehensaufnahme für das Pflegehotel Willingen. Die Art der Darlehensgewährung hat sich das Land in einem Erlass gewünscht. Das hat dann natürlich zur Folge, dass wir eigentlich einen Nachtrag aufzustellen hätten. Ich sage bewusst eigentlich, denn außerplanmäßige Ausgaben, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen entstehen, führen nicht zwangsläufig zu einem Nachtrag. Aus unserer Sicht ist dieser Erlass durchaus mit einer gesetzlichen Verpflichtung gleichzusetzen.
  2. Außerplanmäßige Ausgaben beim Breitbandausbau an Schulen und
  3. Außerplanmäßige Ausgaben beim Ersatzneubau der Berufsschule Klosterstraße

Gerade die Ausgaben für diese beiden Bauprojekte seien es gewesen, die zu einer Auflage durch die Aufsichtsbehörde geführt hätten, sie in einem Nachtragshaushalt abzubilden. So wurde es gesagt.

Im Bericht über den Haushaltsvollzug allerdings, den wir am gleichen Tag wie den Nachtragshaushalt vorgelegt bekommen haben, in diesem Bericht heißt es dann aber: Die aufsichtsbehördliche Genehmigung des Haushaltes für das Jahr 2021 sei auflagenfrei, lediglich mit Hinweisen, erteilt worden.

Von daher können wir die Gründe, die zur Aufstellung des Nachtrages geführt haben, nicht vollumfänglich nachvollziehen.

Meine Damen und Herren, auch ein Nachtragshaushalt muss genauso wie ein Haushaltsplan ausgeglichen sein. Deswegen ergaben sich in verschiedenen Produkten und Teilhaushalten natürlich auch Veränderungen. Irgendwo müssen ja die nun deutlich gestiegenen Ausgaben wieder aufgefangen werden.

Auf der einen Seite wird mit gestiegenen Erträgen gerechnet oder sie wurden bereits realisiert. Beispielhaft hervorheben möchte ich hier die mehr als deutlich gestiegene Gewinnausschüttung der EWF. Auf meine Nachfrage im Ausschuss, woher dieser plötzliche Anstieg gekommen sei, wurde mir erläutert, dass dies in gestiegenen Verbräuchen und höheren Netzentgelten begründet sei.

Gut 1,9 Mio € mehr Gewinn, nicht Umsatz, Gewinn durch höhere Verbräuche, das bedeutet nichts anderes, als dass die Menschen hohe Stromrechnungen hatten, das sollten wir dabei nicht vergessen. Um wieviel könnte der Preis für eine Kilowattstunde Strom wohl gesenkt werden, wenn wir als Landkreis eine Gewinnbeteiligung von insgesamt 5,16 Mio € erhalten? Und der Gewinn der EWF wird ja noch deutlich höher ausfallen. Dieser eben genannte Betrag ist ja nur der Anteil, der auf den Landkreis entfällt. Aber das nur am Rande meine Damen und Herren.

Ebenfalls zu einem ausgeglichenen Nachtragshalt haben auch Reduzierungen von Ansätzen bzw. Ausgaben geführt. Sehr oft wird dabei auf corona- oder pandemiebedingte Auswirkungen hingewiesen.

Auch hier möchte ich nur ein Beispiel anführen: Der Ansatz der Hilfen für Migranten wurde um gut 890.000 € reduziert. Pandemiebedingt, so heißt es. Mit Corona kann man heute ja nahezu alles begründen, wie mir scheint.

Doch passt diese Reduzierung denn auch zur Wirklichkeit? Der Presse ist zu entnehmen, dass die Hessischen Erstaufnahmen – Zitat: „volllaufen“. Es werden bereits Jugendherbergen angemietet und auch in Mengeringhausen sollen die Kapazitäten erhöht werden. Es ist von daher nur eine Frage der Zeit, bis auch wieder Menschen unserem Landkreis zugewiesen werden.

Von einer Zunahme um über 100 % der Zuweisungen wurde bereits im Ausschuss berichtet. Und auch der Wohnraum wird knapper, wie es in der jüngsten Pressemitteilung des Landkreises heißt.

Wenn wir Glück haben, erreichen diese Menschen unseren Haushalt erst im Jahr 2022. Denn ansonsten wird sich im Jahresabschluss zeigen, dass dieser Nachtragshaushalt auf Risiken steht und auf Kante genäht wurde.

Auf die übrigen Kürzungen im Sozialbereich kann ich aufgrund der knappen Redezeit nicht weiter eingehen.

Insgesamt gesehen vermag uns dieser Nachtragshaushalt nicht zu überzeugen. Er ist aus den dargestellten Gründen nicht rund.

Die AfD-Fraktion wird daher dem vorliegenden Beschlussvorschlag weder beim Nachtragshaushalt noch bei der Ergebnis- und Finanzplanung zustimmen.

Vielen Dank.

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