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Redebeitrag Stefan Ginder TOP3 – Haushaltsrede 17.02.2020

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Kollegen, sehr verehrte Gäste und Pressevertreter,
meine Damen und Herren,

heute beraten und beschließen wir abschließend über unseren Haushalt für das nächste Jahr. Und folgt man den Ausführungen von Herrn Landrat Dr. Kubat während seiner Einbringungsrede, dann soll es ein guter Haushalt sein.

Der Ergebnis- und der Finanzhaushalt sind ausgeglichen und werden aller Voraussicht nach sogar leichte Überschüsse aufweisen. Das ist natürlich gut. Besser wäre es allerdings, wenn wir es aus eigener Kraft schaffen würden. Aber das können wir als Zwischenebene in der staatlichen Verwaltungsstruktur nicht und deswegen sind wir unter anderem auf die Finanzkraft unserer kreisangehörigen Städte und Gemeinden angewiesen.

Die Wirtschaft zeigt sich derzeit noch robust, und so steigen auch die Umlagegrundlagen.
Vor diesem Hintergrund hätten wir es lieber gesehen, wenn die Kreisumlage hätte gesenkt werden können, anstatt auf Vorjahresniveau zu bleiben. Denn wenn auch der Hebesatz unverändert bleibt, was für uns kein Erfolg ist, so müssen unsere Kommunen doch rund 2,85 Mio. € mehr an den Kreis abführen als noch im Vorjahr. Doch warum konnten wir den Hebesatz nicht reduzieren? Die Antwort darauf liegt im Handeln der schwarz-grünen Landesregierung in Wiesbaden. Die Landesregierung hat das Lebensabschnittsmodell im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes eingeführt.
Damit ist für Verschiebungen in der Zuständigkeit bei der Eingliederungshilfe zwischen dem LWV und seinen Trägern gesorgt – der Kostenausgleich wurde vergessen. Diese Fahrlässigkeit der Landesregierung belastet uns nun mit 4,3 Mio. € netto. Wir hätten also unsere Kommunen um etwa 1,5 Mio. € entlasten können.  Stattdessen sind wir froh, sie nicht noch mehr belasten zu müssen. Das ist für uns kein Erfolg.

Im Finanzhaushalt sieht es ähnlich aus: In der Haushaltsrede wies der Landrat auf das hohe Investitionsvolumen des Landkreises hin, welches den Rekord aus dem Vorjahr noch einmal um etwa 4,4 Mio. € übertreffen wird.

Grundsätzlich begrüßen wir, dass in unsere Schulen und Straßen investiert wird.
Aber wie alle Dinge im Leben hat auch dieser Sachverhalt zwei Seiten.
Jede Investition ruft Abschreibungen hervor, die unsere zukünftigen Ergebnishaushalte belasten werden.
Von daher sollten wir nicht mehr im Jahr investieren als wir an Abschreibungen erwirtschaften können.
Da wir hier unseren Haushaltsgrundsätzen untreu werden, fragen wir uns von der AfD, warum es nicht möglich war, einen Teil der neuen Bauvorhaben in das nächste Jahr zu verschieben, um dadurch eine größere Generationsgerechtigkeit anzustreben. Und da tröstet es auch nicht, dass die Kreditzinsen historisch niedrig sind. Denn auch diese Tatsache hat eine äußerst negative Kehrseite. Dazu später mehr.

Doch lassen Sie mich nun auf unseren Antrag zur Reduzierung des Zuschusses für die Theaterwoche Korbach von 30.000 € auf 6.000 € kommen, der auch in der Zeitung sein Echo gefunden hat.
Wir wollten mit unserem Vorschlag zur Reduzierung der Finanzierung der Theaterwoche wieder den Zustand der Zuschusspolitik erreichen, bevor die wichtigen Sponsoren abgesprungen waren – und um das deutlich zu sagen – nicht für das laufende Jahr 2020, sondern erst in 2021.
Der erhöhte Zuschuss durch den Landkreis war ursprünglich nur als Überbrückungshilfe gedacht, bis der Förderverein wieder neue Sponsoren dazu gewinnen sollte.
So stellen sich die Ergebnisse unserer Recherchen dar.

Denn auf der Homepage des Fördervereins ist zu lesen:
„Die Zitterpartie um die Zukunft der Theaterwoche Korbach ist vorläufig beendet.
In der Eröffnungsrede zur Theaterwoche 2017 teilte der Landrat den Gästen in der Stadthalle Korbach mit, dass die traditionsreiche Theaterwoche zunächst wieder im Haushalt des Kreises Waldeck- Frankenberg aufgenommen wurde.“

Wir kritisieren hier im Kern folgendes:

Wenn die Stadt Korbach und die Sparkasse Waldeck Frankenberg das bis dahin geleistete Sponsoring eingestellt haben, warum soll dann der Steuerzahler anstatt dessen eine Theaterwoche fortlaufend finanzieren, wenn für andere wichtige kulturelle Projekte Gelder gestrichen bzw. nicht erhöht werden können?

Wie zum Beispiel bei unserem Antrag für die Musikschulen: Hier wollten wir den Haushaltsansatz um 33.380 € erhöhen.
Allen Fraktionen muss die prekäre Lage der Musikschule bekannt sein, denn Sie wurden vom Verband angeschrieben und ausführlich informiert.

Diese Lage wurde ebenfalls sowohl von den Grünen wie auch von der FDP erkannt, auch diese Anträge sahen eine Erhöhung um immerhin 25.000 € vor.
Alle diese Anträge wurden von der GroKo abgelehnt.
Anhand dieser beiden Beispiele sehen wir sehr deutlich, dass, wenn die Opposition die Reduzierung eines Projektes wie das der Theaterwoche vorschlägt, sie angeblich “die Axt anlege“. Gerne wird aber gleichzeitig in Kauf genommen, dass beim Musikschulkreisverband die Mittel nicht erhöht werden und provoziert somit, dass ein kreisweit, erfolgreich tätiger Musikschulkreisverband in eine ungewisse finanzielle Zukunft stolpert!

Ebenso ungewiss scheint die Zukunft beim Schlachthof Bad Wildungen zu sein.
Für den Kauf und die Sanierung wurden 500 T€ in Ansatz gebracht, obwohl vorher schon klar war, dass allein der Sanierungsansatz von 200 T€ überhaupt nicht ausreichen kann. Mittlerweile liegt ein entsprechendes Gutachten vor, welches einen finanziellen Einsatz von deutlich über eine Million attestiert.

Der FDP Antrag auf gänzliche Streichung dieses Haushaltsansatzes mit 500 T€ wurde in der Ausschusssitzung abgelehnt.
Unserem alternativen Vorschlag, bei diesem finanziellen Abenteuer einen Sperrvermerk anzusetzen, damit der Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Verkehr über die Freigabe entscheiden kann, kam man ebenfalls nicht nach. Wir wollten damit erreichen, dass im Ausschuss darüber diskutiert wird, ob der Schlachthof Bad Wildungen systemrelevant sein kann und falls ja, wie gehen wir damit am besten um. Daher fragen wir: Warum also diese Furcht vor parlamentarischer Kontrolle?

Und wir fragen uns auch, warum die GroKo dieses Jahr – und damit das zweite Jahr in Folge – nicht einen einzigen Änderungsantrag zum Haushaltsantrag 2020 gestellt hat.

Wo ist der Gestaltungswille der Großen Koalition?

Ist das die Arroganz der Macht oder haben sie einfach keine Ideen in der GROKO?
Oder verlassen sie sich gar lieber auf die Arbeit der Opposition, deren Anträge sie zwar zunächst ablehnen, später aber dann doch umsetzen?

Ich erinnere hier nur beispielhaft an unseren Antrag zur Erhöhung des Zuschusses an die Kreisverkehrswacht aus dem Juni 2017. Wir wollten zusätzlich 3.000 € bereitstellen. Das wurde – natürlich – abgelehnt. Im Haushalt, der im Dezember 2017 vorgelegt wurde, waren die 3.000 € dann doch enthalten.
Doch damit nicht genug: Mittlerweile steht der Zuschuss bei 12.000 €. Danke dafür.
Vielleicht wird es doch allmählich Zeit sich über zukünftige, neue Koalitionen Gedanken zu machen.
Wir versprechen auch in Zukunft sachorientiert diesen Kreistag zu begleiten und an konstruktiven Lösungen mitzuwirken, so wie wir das bisher getan haben.
Wir sind immer offen für neue, alternative Lösungsansätze für kommende politische Herausforderungen.

Wie den Medien 2019 zu entnehmen war, ist eine dieser Herausforderungen, dass es an der Unterstützung für Frauenhäuser fehlt, daher hat unsere Fraktion einen Antrag gestellt, um den Zuschuss für das Frauenhaus Bad Wildungen um 250.000 € zu erhöhen.

Nun haben wir bei den Beratungen zum Haushalt in den Ausschüssen erfahren, dass dort angeblich kein Bedarf besteht? Das sehen wir nach unseren Recherchen und Gesprächen völlig anders! Wir empfehlen Ihnen dazu nur allein die Berichterstattung in der WLZ vom 29.07.2019, dann verstehen Sie, was wir meinen.
Ganz anders reagieren Sie allerdings beim Thema „Upländer Bauernmolkerei“, die mit einer „Wirtschaftsförderung“ von immerhin 100.000 Euro gesponsert wird. Da fragen wir uns natürlich, ob wir nun endgültig in der sozialistischen Planwirtschaft angekommen sind. Einen wirtschaftlich erfolgreichen, privaten Betrieb mit 100.000 € zu pampern, wird sicherlich bei den von wirtschaftlicher Not und Zukunftssorgen geplagten Landwirten eher verständnisloses Kopfschütteln hervorrufen.  Die Förderung der Geburtshilfeabteilung für das Korbacher Krankenhaus in Höhe von 400.000 € kommt leider für das Krankenhaus in Volkmarsen zu spät.  Die hätten sich bestimmt auch gefreut und ihr Standort wäre erhalten geblieben.

Ein weiteres Sorgenkind ist unser Kreiskrankenhaus Frankenberg.

Wir begrüßen ausdrücklich das Engagement der Krankenhausführung und auch die Unterstützung durch den Landkreis.  Hier können und dürfen wir nicht zulassen, dass das Krankenhaus mit seinen engagierten Mitarbeitern kaputtgespart wird. Lösungsansätze zu finden ist dabei allerdings äußerst schwierig, da das Krankenhaus nur schwer wirtschaftlich arbeiten kann. Die gesetzlich vorgegeben Fallpauschalen erlauben keine auskömmliche und kostendeckende wirtschaftliche Führung des Krankenhauses.
Hier müssen die Landes- und Bundesregierung angemessen reagieren, da sie für die miserable wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser insgesamt verantwortlich sind. Auf der einen Seite benötigt ein gesetzlich versicherter Patient mehrere Monate, um für eine fachärztliche Untersuchung einen Termin zu bekommen.  Auf der anderen Seite möchte die Bundesregierung sogenannte Überkapazitäten an Krankenhäusern abbauen. Dieser Bundesregierung können wir nur empfehlen, darüber einmal mit den Bürgern aus Wolfhagen zu sprechen.
Im Vorfeld der Haushaltsberatungen interessierte unsere Fraktion ein Haushaltsposten besonders:
Wie uns allen bekannt ist, besteht ein besonderes Interesse der Öffentlichkeit an dem Reizthema Beraterhonorare. Sie können sich sicherlich vorstellen, wie groß die Überraschung auf unsere Nachfrage war, dass man bei einem 240 Mio. Haushalt nicht feststellen kann, wie hoch der gesamte Anteil an externen Beratungs- und Planungskosten ist. Unsere Fraktion wird sich in naher Zukunft mit besonderer Aufmerksamkeit und großem Engagement diesem Thema widmen….

Doch genug der Kritik.

Positiv möchte ich anmerken, dass der Landrat auf die Auswirkungen der Negativzinsen hingewiesen hat. Die desaströse Zinspolitik der EZB ist nun auch bei den kommunalen Versorgungskassen angekommen. Die Anlagen werfen keine Zinsen mehr ab, nein, im Gegenteil, der Bestand verringert sich durch „Verwahrentgelte“, Strafzinsen sozusagen. Auf Deutsch heißt das nichts anderes als dass die Renten unserer Kreismitarbeiter bedroht sind, je länger die EZB weiter vor sich hin wurschteln kann und wir im Euro bleiben.  Wir wünschen uns, dass auch hier so deutlich darüber berichtet wird, wie über unser angebliches „Axt anlegen“ an der Theaterwoche in Korbach.  Ich komme nun zum Schluss meiner Rede. Wir haben es uns in der Fraktion nicht leicht gemacht, das Gesamtpaket Haushalt zu bewerten.

Wir erkennen die positiven Ansätze, so z.B. zwei zusätzliche Stellen für Lebensmittelkontrolleure zu schaffen. Ebenfalls begrüßen wir das finanzielle Engagement für die Krankenhäuser Frankenberg und Korbach, um die ärztliche Grundversorgung zu sichern.

Unsere Fraktion ist aber trotzdem zu dem Ergebnis gekommen, diesem Haushaltsentwurf seine Zustimmung zu versagen.

Eine GroKo, die sich einer parlamentarischen Kontrolle zu entziehen versucht, indem sie der Opposition die Zustimmung von Sperrvermerken verweigert, lässt vermuten, dass hier der Versuch unternommen werden soll, Themen nicht im Kreistag zu debattieren, sondern im stillen Kämmerlein gefasste Beschlüsse der Opposition zu präsentieren, ohne ausreichende Information und Klärung gegeben zu haben. Dennoch wird von ihr erwartet, dass sie am liebsten allem und jedem zustimmen möge.

Wir wünschen uns eine öffentliche und sachliche Auseinandersetzung über alle wichtigen Themen, gern kontrovers diskutiert, damit wir für unseren Landkreis die bestmöglichen Ergebnisse erzielen können.
Bei aller Kritik lassen Sie mich aber auch Dankeschön sagen.
Herzlichen Dank an die Mitarbeiter der Kreisverwaltung, die mit diesem Haushalt 2020 auf mehr als 750 Seiten einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren.
Die Mitarbeiter des Kreishauses sind uns immer freundlich in gebotener Neutralität und Objektivität aufgefallen, hierfür unseren besonderen Dank.

Ich möchte mich auch bei den Kreistagsmitgliedern bedanken, die uns bisher mit Respekt und Freundlichkeit begegnet sind, damit wir unsere gemeinsame Aufgabe möglichst sachorientiert zum Wohle aller unserer Bürger umsetzen können.
Zum Schluss möchte ich mich auch bei meiner eigenen Fraktion bedanken.

Wir haben uns 2016 zusammengefunden, viele von uns ohne jede kommunalpolitische Erfahrung.
Ich danke Euch, dass ihr bei den Klausurtagungen fleißig, konstruktiv und sorgfältig mitgearbeitet habt.

Jeder hat mit seinen Möglichkeiten mir bei den Vorbereitungen zu dieser Rede geholfen, Danke dafür.

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