Redebeitrag Claudia Papst-Dippel TOP2 – (Aktuelle Stunde) „Situation Kreiskrankenhaus Frankenberg“ 24.06.2019
Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren,
als wir auf der Tagesordnung den TOP 25 sahen mit dem Titel „Ausfallbürgschaft“, haben wir uns schon sehr gewundert. Nicht über die Tatsache an sich, sondern eher über den Zeitpunkt.
Finanzspritzen für unser Krankenhaus erfolgen ja üblicherweise erst gegen Ende des Jahres.
Auch die Platzierung dieses Punktes ganz am Ende der Tagesordnung, bei den TOP´s, die ohne Aussprache behandelt werden, machte uns stutzig. Scheinbar ist die finanzielle Situation des Klinik doch dramatischer, als man uns unterjährig glauben machen möchte.
Nach den Beratungen im Finanzausschuss, ist es nur folgerichtig, wenn wir uns jetzt hier in diesem Rahmen über die Situation in unserer Klinik austauschen.
Meine Damen und Herren,
studiert man die Vorlage zu der angedachten Ausfallbürgschaft, so muss man mit Schrecken feststellen, dass es nicht nur 5 vor 12 ist, sondern bereits kurz nach 12.
Ganz nüchtern werden hier einige Ursachen beschrieben, welche die derzeitige finanzielle Situation nachhaltig negativ beeinflussen. Die Gründe dafür aber nicht!
Da werden zum einen die Personalmehraufwendungen, unter anderem als Folge der Pflegepersonaluntergrenzenverordnung genannt. Diese greift im Bereich der Intensivmedizin und der Chirurgie.
Das Land sieht in diesen Bereichen sogar eine Verpflichtung des Krankenhauses, diese beiden Bereiche vorzuhalten.
Leider gleichen Land und Bund unser Defizit in diesen Bereichen nicht aus!
Nein, dieses Defizit muss die Klinik erwirtschaften oder aus dem Kreishaushalt ausgeglichen werden.
Als weitere externe Einflussfaktoren auf die Ertragslage werden die Abwertung von Erlösen und eine zunehmende Fallprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) genannt.
Es wird also von außen vorgegeben, was eine Behandlung kosten darf, unabhängig davon, was der Arzt für medizinisch erforderlich hielt.
Diese externen Faktoren werden es weiterhin unmöglich machen, ein Haus der Grund- und Regelversorgung auch nur in die Nähe einer schwarzen Null zu rücken.
Doch man kann auch aus eigener Kraft einiges dazu beitragen, den Verlust möglichst gering zu halten.
Wie wir der Vorlage entnehmen, möchte man ja jetzt in einen Strategieprozess für das Krankenhaus eintreten. Wir fragen an dieser Stelle: Warum erst jetzt? Warum nicht schon früher?
Meine Damen und Herren,
wir schreiben das Jahr 2019. Da sollte es doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit einer guten Geschäftsführung in der Vergangenheit gewesen sein, die internen Prozesse zu evaluieren und ggf. nachzujustieren.
Um dies zu verdeutlichen, nehme ich als Beispiel die Aussage aus der Vorlage, dass eine zunehmende Fallprüfung durch den MDK erfolgt. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass die Codierung der erbrachten Leistungen nicht zweifelsfrei erfolgt.
Warum ist nicht bereits im Zuge der Umsetzung der neuen DRG-Abrechnungssystematik dieser Prozess komplett neu gedacht worden?
Oder was ist mit der Beitreibung ausstehender Forderungen? Nach der Vorlage drängt sich der Verdacht auf, dass es kein zeitgemäßes Forderungsmanagement im Krankenhaus geben könnte, wenn selbst den gesenkten Jahreserlösen von 37 Mio € ausstehende Forderungen von mindestens 2,5 Mio € gegenüberstehen.
Oder was ist mit einer Arbeitszeiterfassung? Der Presse war weiterhin zu entnehmen, dass ein System zur Zeiterfassung erst eingeführt werden soll. Eine Unternehmung dieser Größenordnung hat im Jahre 2019 noch keine Zeiterfassung? Dies sollte doch wohl 2019 eine Selbstverständlichkeit sein!
Wir nähern uns so langsam einem Punkt, an dem wir auch offen und ehrlich über Verantwortlichkeiten werden sprechen müssen.
Sicher, wechselnde Geschäftsführungen seit 2014 und der Faktor Zeit sind Argumente.
Aber: Die Sicherung der Ertragslage und ein zielgerichtetes Forderungsmanagement hätten schon längst etabliert sein müssen.
Schließlich leisten wir uns auch noch einen Aufsichtsrat, dessen vordringlichste Pflicht es ist, die Geschäftsführung zu überwachen!
Und da will man nichts von der nun heute auf dem Tisch liegenden Schieflage gemerkt haben?
Meine Damen und Herren, das glauben wir nicht.
Entweder wurde dem Aufsichtsrat nicht vollständig berichtet, oder aber die eigene Verantwortung wurde nicht ausreichend wahrgenommen.
Wir machen diesen Anwurf ganz konkret am deutlich gestiegenen Investitionsbedarf fest:
Erforderliche Investitionen in Höhe von 38 Mio € fallen nicht einfach so vom Himmel, ein solcher Bedarf kündigt sich an und muss auch in den Sitzungen des Aufsichtsrats Thema gewesen sein.
Und wenn vorher 20 Mio € für eine Dekade im Gespräch waren, so muss man doch wohl schon selbst merken, dass pro Jahr im Durchschnitt 2 Mio € Investitionsvolumen zu wenig sind, um das Krankenhaus zukunftsfähig zu machen.
Es ist daher sehr erfreulich, dass die Vorlage zur Bürgschaft eine deutliche Erwartungshaltung an die Geschäftsführung formuliert, jetzt endlich auch die internen Prozesse zu untersuchen.
Sollte sich hier ein Optimierungspotential in einigen Bereichen ergeben, so erwarten wir auch von der gesamten Belegschaft des Krankenhauses,
egal, ob aus dem medizinischen oder einem anderen Bereich,
sich evtl. notwendigen Umstrukturierungen nicht zu verweigern sondern im Gegenteil aktiv daran mitzuwirken.
Wir hoffen aber auch, dass sich die Zuweisungs- bzw. Überweisungszahlen der niedergelassenen Ärzte in unser Krankenhaus erhöhen. Denn dies ist ein wichtiger Baustein, um die Auslastung zu steigern.
Ich habe immer wieder von „unserem“ Krankenhaus gesprochen. Wir als AfD-Fraktion stehen nach wie vor zum Kreiskrankenhaus Frankenberg und seinen Mitarbeitern. Wir sind überzeugt, dass jeder an seinem Platz sehr gute Arbeit, oft am Limit leistet und zum Erfolg des Hauses beiträgt.
Dafür bedanken wir uns an dieser Stelle und wir werden heute die Ausfallbürgschaft mittragen.
Ganz besonders wichtig ist ja nun aus bekannten Gründen der Erhalt der Geburtsstation in Frankenberg, auch wenn hier mit Defiziten zu rechnen ist.
Aber, und das sagen wir auch in aller Deutlichkeit, wir erwarten nun zeitnah sichtbare Veränderungen!
Stellen sich keine deutlich spürbaren Verbesserungen ein, so wird es sicherlich irgendwann in Zukunft zu Überlegungen kommen, das Haus in andere Hände zu geben. Dem könnten wir uns dann nicht verschließen, obwohl der Erhalt kommunaler Krankenhäuser ein deutlich erklärtes Ziel der AfD ist.
Ob eine Fusion hier Abhilfe schaffen kann, das steht ebenfalls in den Sternen.
Vielen Dank.