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Redebeitrag Hakola Dippel Begründung zum AfD-Antrag “Thema Altersarmut” 18.02.2019

Sehr geehrte Frau Kreistagsvorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren,

einem Bericht einer regionalen elektronischen Zeitung konnte man vor Kurzem entnehmen, dass dem Landkreis Waldeck-Frankenberg Altersarmut in einem größeren Ausmaß als bislang angenommen droht.

Rund 23.000 Arbeitnehmer im Kreis Waldeck-Frankenberg würden – so, wie sie heute arbeiten – nur eine Rente unterhalb der staatlichen Grundsicherung bekommen. Und das, wenn sie nach immerhin 45 Berufsjahren in den Ruhestand gingen. Das wären rund 32 Prozent aller Beschäftigten im Kreis.

Laut einer Studie der Wirtschaftsforschungsinstitute DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) und ZEW (Leibniz Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung wird 2036 jeder fünfte Neurentner armutsgefährdet sein, also mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung zurechtkommen müssen. Am meisten gefährdet sind demnach alleinstehende Frauen, Menschen ohne Berufsausbildung und Langzeitarbeitslose.

Wir stellen also fest meine Damen und Herren : Die Altersarmut in Deutschland steigt und die Angst vor Altersarmut nimmt zu!

Noch im Jahre 1996 meinte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl „Die Rente ist das Ergebnis der Lebensleistung eines Menschen.“

Die heutige Situation sieht aber leider anders aus:

Trotz Vollbeschäftigung und jahrelangem Wirtschaftswachstum befürchtet die Mehrzahl der Bundesbürger, im Alter nicht ausreichend abgesichert zu sein und den bisherigen Lebensstandard im Ruhestand nicht halten zu können.

Unser Antrag zur Erstellung eines Berichts zur Altersarmut ist ein Signal, sich – auch hier auf Kreisebene – nicht länger diesem Thema zu verschließen. Denn Armut und vor allem Altersarmut steigen in Deutschland kontinuierlich an und werden sich in Zukunft noch deutlicher als Symptome dafür etablieren, dass weite Teile der deutschen Bevölkerung eben nicht so reich sind, wie es uns die derzeitige Regierung immer glauben machen will. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung sank die Standardrente von 50,5 Prozent des Durchschnittslohns in 2008 auf nun 48,1 Prozent in 2014. Die Prognosen sehen den Prozentsatz bei 44,6 im Jahr 2029.

Dieser Trend dürfte sich angesichts des wachsenden Niedriglohnsektors noch verschärfen. Wenn Beschäftigte, aus diesem Lohnsektor auch noch krank werden und nicht mehr arbeiten können, dann ist Armut so gut wie vorprogrammiert.

Das, meine Damen und Herren, sind düstere Aussichten. Denn Altersarmut bedeutet – nach einem oftmals arbeitsreichen Leben – ein Dasein am Existenzminimum voller Verzicht. Nicht nur der Verzicht auf meist alltägliche Dinge, sondern auch Verzicht auf soziale und kulturelle Teilhabe. Schon ein nicht finanzierbarer Friseurbesuch am Monatsende, weil man sich einfach für Lebensmittel oder zusätzliche Medikamente entscheiden muss, hält von Altersarmut Betroffene oftmals aus Scham von sozialen Aktivitäten wie Seniorennachmittagen oder gemeinsamen Mittagstischen ab.

Altersarmut wird leider oft mit einem Scheitern des eigenen Lebens, und einer nicht erbrachten eigenen Altersvorsorge in Verbindung gebracht. Aus Scham meiden viele ältere Menschen den Gang zum Sozialamt, oder sie haben Angst, dass ihre Kinder zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden.

Unser Antrag sieht vor, den Kreisausschuss zu beauftragen, auf Grundlage des fünften Armut-und Reichtumsbericht der Bundesregierung, einen Bericht zum Thema Altersarmut im Landkreis zu erstellen.

Der Bericht soll einen Überblick darüber verschaffen,

  • wie viele ältere Menschen im Landkreis Waldeck – Frankenberg von Armut betroffen sind,
  • wie die regionale Verteilung der Betroffenen ist,
  • wie sich geschlechtsspezifische Besonderheiten darstellen.

Meine Damen und Herren. Wir halten es auch für wichtig, den Bericht nicht nur einmalig, sondern im regelmäßigem Turnus zu erstellen, damit man Entwicklungen feststellen kann.

Noch wichtiger ist es uns aber, schon jetzt deutlich zu machen, wie mit den gewonnen Erkenntnissen umgegangen wird und welchen Nutzen wir hier auf Kreisebene daraus ziehen werden.

Der Landkreis bietet hierbei schon zahlreiche kulturelle, finanzielle und soziale Unterstützungsmaßnahmen, aber natürlich gilt es vor dem Hintergrund des Berichts noch einmal gründlichen zu schauen,

  • in welchen Bereichen diese Maßnahmen gut greifen und an
  • welchen Stellen diese noch ausgebaut und optimiert werden können und müssen.

Welche Möglichkeiten haben wir bereits schon jetzt um die Bürgerinnen und Bürger für das Thema Altersarmut und Vorsorge zu sensibilisieren?

Sind die sozialen Angebote gerade bezugnehmend auf ein Bürgerengagement vor Ort wirklich schon bekannt genug, um unserer sozialen Verantwortung älterer Menschen gerecht zu werden?

Meine Damen und Herren. Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen, – auch wenn er von der AfD kommt! – in der Hoffnung, dass durch die erstellten Berichte – nun auch auf politischer Ebene im Landkreis – der Blick auf Ursachen und Folgen der Altersarmut, und die damit verbundenen alltäglichen Probleme, Sorgen und Nöte, geschärft wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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